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Im Auftrag der plattdeutschen Sprache

Im Auftrag der plattdeutschen Sprache

Imke Schöneboomwird ab Februar Schulen in Ostfriesland in Sachen „Plattdeutsch“ beraten

Imke Schöneboom Platt

Die gebürtige Auricherin will ihren Teil zum Erhalt und zur Pflege der ostfriesischen Traditionen und Eigenarten beitragen.

NORDEN/AIR – Plattdeutsch ist mehr als nur eine Sprache, sagt die neue Beauftragte für die Region und ihre Sprachen im Unterricht, Imke Schöneboom. Die 35-Jährige stammt gebürtig aus Aurich, war zu Studienzeiten in Nordrhein-Westfalen ansässig und ist froh, wieder in Ostfriesland zu sein. „Hier istmeine Heimat und mein Zuhause“, sagt sie im Gespräch.

Als sie noch zur Universität in Paderborn ging und Englisch und Sport studierte, fasste sie den Entschluss, sich parallel zur Lehrtätigkeit auch für ostfriesische Traditionen und die plattdeutsche Sprache einzusetzen. Da entstanden schon vor einigen Jahren Arbeitsgruppen, die sie leitete, in denen Plattdeutsch gesprochen wurde und Boßeltouren organisiert oder Krinthstuut gebacken wurde.

Sie verhalf der Außenstelle Norden der Kooperativen Gesamtschule Hage-Norden auch dazu, als plattdeutsche Schule ausgezeichnet zu werden. Im November letzten Jahres konnte das Etikett offiziell im Eingangsbereich angebracht werden und ist ein Zeichen für außerordentliches und nachhaltiges Engagement für die Sprache der Region. Zudem wird am 15. Februar an der KGS Norden der plattdeutsche Lesewettbewerb ausgerichtet.

Schwangerschaften und Mutterschutzzeiten unterbrachen ihr Engagement für ihre Muttersprache, erzählt sie. Aber aufgehört an Plattdeutsch zu denken, hat sie auch während der Mutterschutzzeiten nicht. Vielmehr bewarb sie sich als Beraterin für die Region und ihre Sprachen im Unterricht und im Februar wird sie die Stelle antreten. Damit tritt sie in die Fußstapfen von Angelika Seidel. „Plattdeutsch ist eine sehr ehrliche Sprache und identitätsstiftend. Zudem entwickelt man ein anderes Zugehörigkeitsgefühl, wenn man in der Region Plattdeutsch sprechen kann“, so Schöneboom. Außerdem habe das Erlernen mehrerer Sprachen auch auf koginitiver Ebene viele Vorteile. Je eher und je mehr Sprachen Kinder lernen würden, desto mehr Vorteile hätten sie auch im Lernen anderer Fächer.

Ab Februar wird sie sich erst einmal voll für die plattdeutsche Sprache einsetzen können, bis ab Mai auch ihre reguläre Lehrtätigkeit wieder dazukommt. Als Beraterinist ihre Aufgabe, Schulen in ganz Ostfriesland bei ihrem Einsatz für das Plattdeutsche zu unterstützen. Dazu zählt die Vermittlung von  Kooperationspartnern genauso wie das Versorgen mit Lehrmaterialien oder Ideen für Konzepte. Zudem diene sie als Ansprechpartnerin bei Fragen in Zusammenhang zum Plattdeutschen. Bislang hat sie an der KGS nur gute Erfahrungen gemacht. „Die Kinder verstehen viel und es gibt immer einen, der eine Geschichte von jemandem zu erzählen hat, der immer Plattdeutsch spricht“,sagt die 35-Jährige. Und die Sprache ist auch etwas, das sie an der Region sehr schätzt. „Wenn man mit einem Moin hierzulande in einen Raum voller Fremder kommt, wird man anders aufgenommen, als würde man Hallo sagen. Plattdeutsch ist also auch ein Tür.ffner“, sagt die zweifache Mutter. Die Zeit außerhalb der Region habe sie gelehrt, wie wertvoll und schön ihre Heimat ist. „Plattdeutsch ist ein Teil von mir. Nichts, das ich gelernt habe, sondern etwas, mit dem ich aufgewachsen bin. Für mich so selbstverständlich wie das morgendliche Aufstehen.“ 

Bisher sei es aber schwierig, Plattdeutsch zu vermitteln. Es gäbe nur wenige Lehrmaterialien, weshalb sie sich auch in diesem Bereich engagiert und gemeinsam mit Kollegen an einem Sprachlehrwerk arbeitet. Sie kritisiert, dass der Übergang von der Grundschule zur Sekundarstufe I schwierig sei. In den Grundschulen werde viel Wert auf die Sprachförderung gelegt, aber das sei noch nicht in den Sekundarstufen und darüber hinaus angekommen. Daher hofft sie, dass auch die plattdeutsche Sprache einmal als eigenes Unterrichtsfach angeboten werden könne. Dafür fehle es aber derzeit auch an Fachpersonal.

Regionale Unterschiede müssten darüber hinaus auch erhalten bleiben. Denn die unterschiedlichen Betonungen von Begrifflichkeiten, die sich schon innerhalb des Landkreises Aurich zum Teil stark unterscheiden, sollen nicht angeglichen werden. „Ich möchte nicht, dass das alles gleichwird. Auch das ist ein Teil der Sprache, dass dieMenschen in Norden anders sprechen als die in Emden oder Leer“. Für die Zukunft hat die zweifache Mutter, die in Arle aufgewachsen ist, viele Ideen. Kooperationen mit der Ostfriesischen Landschaft sollen ausgebaut werden und die Kinder über verschiedene Projekte tatkräftigeingebunden werden. So denkt sie auch daran, dass es spannend wäre, in Zusammenarbeit mit Restaurants der Region Speisekarten ins Plattdeutsche zu übersetzen. Oder Informationstafeln an Sehenswürdigkeiten könnten auch in plattdeutscher Sprache darüber aufklären, was das Besondere an den dargestellten Objekten wäre.

Aber damit nicht genug. Als erstes größeres Projekt will sie, sobald sie wieder als Lehrerin tätig wird, ihren Schwimm- und Sportunterricht auf Plattdeutsch durchführen können. Dann heißt es nicht mehr „Auf die Plätze“, sondern „Up de Platzen“. Etwas, das schon längst überfällig ist, findet sie. Denn die Traditionen und auch Sprache der Region müssen erhalten werden. Und das könne nur klappen, wenn auch die jüngeren Bevölkerungsgruppen die Sprache sprechen und regelmäßig mit ihr in Kontakt kämen. Denn die Kinder seien die Zukunft – auch die der Sprache.